Nach seiner Einführung vor mehr als 40 Jahren ist der Big-Bag in der industriellen Produktion nicht mehr wegzudenken. Was als Low-Budget-Gebinde für einfachste Rohstoffe und Schuttgüter begann, wird nun zunehmend auch für sensiblere Rohstoffe verwendet. Das bedeutet, dass bei manchen Schüttgütern aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften die nahezu staubfreie und sichere Entleerung des Big-Bags äußerst anspruchsvoll sein kann.
Diese früher landläufig als „staubfreie Entleerung von Big-Bags“ bekannte Vorgang wird aktuell genauer beleuchtet. Neue gesetzliche Vorgaben und Richtlinien sowie die Verwendung von Rohstoffen, die zum Beispiel für den Bediener gefährlich sein können, machen dies auch zwingend notwendig. Gerade im Bereich der Additiven Fertigung mit Metallpulvern oder alternativer Antriebstechniken, wie z.B. in der Elektromobilität, sind Herstellungsverfahren – die in der Vergangenheit nur im Labormaßstab durchgeführt wurden – zu industriellen Größenordnungen herangewachsen. Hier hat die Gebindeform, die zu ihren Anfängen als Low-Budget-Verpackung bekannt wurde, nun auch ihren großen Auftritt: Der Big-Bag.
Im weltweiten Warenverkehr und Rohstoffhandel ist man weit von einer Standardisierung dieser Allzweckwaffe der Verpackungstechnik entfernt. Für sehr viele Sonderanwendungen gibt es spezielle Ausführungen der Big-Bag Entleersysteme. Quasi für jeden Topf ein separater Deckel. Dies bedingt oft teure Sonderlösungen bei der Produktaufgabe aus den Big-Bags, die selten effizient sind. Vor allem, wenn mehrere verschieden Ausführungen in einer Produktion zum Einsatz kommen sollen.
Um hier von Anfang an die konkrete Aufgabestellung zielgerichtet angehen zu können, benötigt man für die Automatisierung und der wirtschaftlichen Big-Bag Entleerung einen kompetenten Anlagenbauer an seiner Seite. Und genau hier kommt AZO ins Spiel. Der Anlagenbauer aus Osterburken kann nicht nur auf über 70 Jahre Erfahrung in der Automatisierung von Rohstoffen zurückgreifen. Im hauseigenen Schüttgutlabor kann AZO die physikalischen Eigenschaften von Rohstoffen ermitteln und in einer Datenbank sammeln. Im angeschlossenen Technikum können so im Vorfeld Tests durchgeführt werden, ob die kundenindividuellen Herausforderungen erfüllt werden.
Auf Basis dieser Erfahrungen, Untersuchungen und Tests wurde das neue System für die nahezu staubfreie Entleerung der Big-Bags von AZO entwickelt, welches ohne Sonderausstattungen am Big-Bag auskommt. Der normale Standardauslauf des Big Bags (eventuell mit Liner ausgestattet oder nur einem beschichtetem PP Bändchengewebe) kann mit dem neuen System einfach an der Schnittstelle zur Schüttgutanlage angedockt werden.
Wie funktioniert das Ganze? Dazu betrachtet man den mechanischen Aufbau dieser neuen Einrichtung: Ausgangslage ist ein Andockstutzen mit verfahrbarem Andockring und aufblasbarer Dichtung. Dies stellt die Verbindung zwischen Big-Bag und dem Entleersystem her. Die Ingenieure von AZO haben aber nun zusätzlich ein Gehäuse mit Handschuheingriff entwickelt, welches das Umfeld und damit vor allem den Bediener vor schädlichen Auswirkungen der kritischen Rohstoffe schützt.
Diese sogenannte Glovebox ist, wie eingangs erwähnt, vor allem bei den kritischen, toxischen oder potentiell gefährlichen Rohstoffen, wie sie zum Beispiel in der Batterieerstellung verwendet werden, von essentieller Bedeutung.
Ein ausgeklügeltes Besaugungssystem mit Vorfilter und HEPA 13 Filter wirkt dabei eng mit dem Gehäuse zusammen und schützt so den Bediener optimal. Ist der Big-Bag am System sicher angeschlossen, erfolgt die Entleerung unter OEB 3 Standard. Das später im leeren Big-Bag verbleibende Luftvolumen, welches noch Restpartikel des kritischen Rohstoffes enthält, wird direkt nach der Entleerung evakuiert. So wird das Leervolumen extrem verringert und ein Staubaustritt aus dem leeren Big-Bag auf ein Minimum reduziert. Die notwendigen manuellen Tätigkeiten, die mit Hilfe des Handschuheingriff erledigt werden müssen, sowie die Anschluss- und Entleerungsvorgänge, sind mit dem neuen Entleerungssystem in der Glovebox zusammengefasst. Doch wozu diesen Aufwand betreiben?
Bekanntermaßen ist der Betreiber von Produktionsanlagen für deren Sicherheit verantwortlich. Damit sind vor allem bei der Verarbeitung von pulverförmigen Rohstoffen die Einhaltung der maximalen Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) regelmäßig zu kontrollieren und ggfs. messtechnisch nachzuweisen. Um die Eignung des AZO Entleersystems für OEB 3 nachzuweisen, wurden in der Entwicklungsphase Messungen zur Partikelkonzentration im Umfeld der Anlage, aber auch direkt im Arbeitsbereich des Bedieners durchgeführt.
Die in der Entwicklungsphase gemessenen Partikelkonzentrationen werden als standardisierte Auslegungskriterien für Neuanlagen verwendet. Eine Neuinstallation ist folglich immer partnerschaftlich zwischen dem späteren Betreiber und dem Anlagenbauer zu konzipieren und in Betrieb zu nehmen, um die notwendigen AGWs einhalten zu können.
Da die Vorgaben des Gesetzgebers in den vergangenen Jahren immer weiter verschärft wurden und diese so der geänderten Akzeptanz von Beeinträchtigungen durch Schadstoffe folgen, ist es naheliegend, dass auch in Zukunft die Regularien tendenziell strenger werden. Der Ausblick auf die Entleerung von Big-Bags im industriellen Maßstab in Verbindung mit der nächsthöheren Containmentstufe OEB4 (1 µg/m³ bis 10µg/m³) wird besonders hinsichtlich der zu erwartenden höheren Durchsätze in den neuen Industrieanlagen zu häufigeren Gebindewechseln führen. Dies eröffnet viele Chancen bei der effizienteren und wirtschaftlicheren (Teil-) Automatisierung der Entleervorgänge von Big-Bags. Nichts ist beständiger als der Wandel – gerade auch bei den gesetzlichen Richtlinien. AZO ist in diesem Zusammenhang am Puls der Zeit, erkennt Aufgabenstellungen frühzeitig und bietet demnach zeitgemäße Lösungen für spezielle Aufgabenstellungen.